20 Grossmäuler

David Dürr - Basler Zeitung 06.09.2013


Gestern und heute findet ja dieser sogenannte G-20-Gipfel statt. Da treffen sich in St. Petersburg Regierungschefs, Finanzminister und Notenbankgouverneure aus 20 Ländern. Das „G“ dieser „G-20“ kommt offiziellerweise von „Gruppe der 20“, doch klingt auch so etwas wie die „20 Grössten“ an. Denn immerhin geht es nach eigener Einschätzung um die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.

Und wichtig heisst hier gross, nämlich gemessen am Bruttoinlandprodukt, das heisst am Volumen der Wirtschaftsgüter, die in diesen Ländern produziert werden. An erster Stelle figurieren natürlich die USA, gefolgt von China, dann die EU, Japan etc., Ränge 19 und 20 belegen Argentinien und Südafrika. Ein Treffen der 20 grössten Volkswirtschaften also. Doch was, so fragt man sich, haben damit die Regierungschefs, die Finanzminister und die Notenbankgouverneure zu tun. Die haben ja rein gar nichts zu diesen grossen Bruttoinlandprodukten beigetragen. Im Gegenteil, sie haben die Wirtschaft mit Regulierungen behindert und von dem, was trotz Behinderung herauskam, noch ein grosses Stück wegbesteuert. Daraus haben sie nicht nur ihre schönen Saläre und Staatslimousinen finanziert, sondern auch Umverteilung und andere Wirtschaftsschädigungen betrieben.

Beispielsweise haben die USA während Jahren mit künstlich verbilligtem Geld den amerikanischen Hypothekarmarkt verzerrt und damit zunächst die Subprime- sowie schliesslich die weltweite Finanzkrise ausgelöst. Und ebenso waren und sind es staatliche Programme, die nun mit gigantischen Geldfiktionen von dieser Krise ab- und direkt in eine ruinöse Inflation hineinlenken. Doch solches hindert die 20 Regierungsspitzen in St. Petersburg nicht daran, das Problem der Krise nicht etwa bei sich selbst, sondern lautstark bei anderen, vor allem bei den Grossbanken zu suchen. Diese seien systemrelevant und deshalb noch strenger zu regulieren. Die bizarre „Too-big-to-fail“-Parole wird wacker weitergepflegt. Von einem sogenannten „Financial Stability Board“ lässt sich der G-20-Gipfel empfehlen, bereits beschlossenen Regulierungen noch weiter auszubauen. So sollen Grossbanken ihr Eigenkapital noch stärker aufstocken und für den Fall, dass es trotzdem zum Konkurs kommt, bereits im Voraus Vorbereitungen für einen möglichst kontrollierten Liquidationsablauf treffen.

Dass die Staatsorganisationen dieser 20 Länder selbst durchwegs überschuldet sind und den „Too-big-to-fail“-Test selbst nie bestehen würden, scheint kein Thema zu sein. Dabei sind sie ja noch viel ausgeprägter systemrelevant als Grossbanken. Gingen sie Pleite, gäbe es noch viel grössere Verwerfungen als bei einer Grossbank. Warum bloss verlangt niemand in St. Petersburg, dass die Staaten ein gleich starkes Eigenkapital wie Grossbanken haben und Vorbereitungen für eine möglichst kontrollierte Liquidation treffen sollten?

Das Schloss übrigens, in dem der G-20-Gipfel stattfindet – der Constantin Palast – wurde unter Peter dem Grossen erbaut, um Versailles in den Schatten zu stellen, schon damals aus Steuergeldern und seither aus Steuergeldern auf Hochglanz gehalten. Die Unterkünfte sollen nach wie vor königlich sein. 

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