Meine Bewerbung als FINMA-Chef

David Dürr - Basler Zeitung 25.01.2014


Bei der schweizerischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) sind die beiden obersten Führungsstellen neu zu besetzen, nachdem der Direktor und die Präsidentin des Verwaltungsrats (VR) das Handtuch geworfen haben. Das interessiert mich, weshalb ich mich hiermit offiziell für eine dieser Stellen bewerbe. Im Auge habe ich weniger den Posten des Direktors als vielmehr jenen des VR-Präsidenten. Denn gemäss Artikel 9 Absatz 1 des Finanzmarktgesetzes (Finmag) ist der VR „das strategische Organ der FINMA“. Da kann man sehr grundsätzlich ansetzen. Und genau das hätte ich im Sinn.

Ausgehen würde ich von der Zielsetzung gemäss Artikel 5 Finmag: Schutz der Gläubiger und Anleger, Funktionieren des Finanzmarkts, Wettbewerbsfähigkeit und Reputation des Finanzmarktes. Was den Schutz der Anleger anbelangt, so wird er am besten durch diese selbst gewährleistet. Sind die Anleger aufmerksam und kritisch und lassen sie sich nichts andrehen, was sie nicht vorher geprüft haben, so ist ihr Risiko klein. Jedenfalls viel kleiner, als wenn sie in naiver Treuseligkeit davon ausgehen, dass Finanzanbieter ja obrigkeitlich geprüft und damit gefahrlos seien. Der staatlich beaufsichtigte Madoff lässt grüssen: Wäre dieser der unbehinderten Aufmerksamkeit einer kritischen Kundschaft ausgeliefert gewesen und nicht jahrelang im Windschatten der staatlichen Finanzaufsicht gefahren, so hätte man ihm einige Milliardenverluste früher das Handwerk gelegt.

Also würde ich als neuer VR-Präsident in der ersten Sitzung den Antrag stellen, die Finanzmarktregulierung aufzuheben. Natürlich nicht per sofort. Das wäre zu gefährlich, nachdem dem Publikum während Jahren die nötige Aufmerksamkeit obrigkeitlich abtrainiert worden ist. Sondern behutsam verteilt über einige Jahre. Das ist übrigens in Artikel 7 Absatz 2 Finmag ausdrücklich vorgesehen. Danach soll es Regulierung nur geben, „soweit dies mit Blick auf die Aufsichtsziele nötig ist“. Und nötig ist sie rein gar nicht.

Sodann das Funktionieren des Finanzmarkts: Nichts einfacher als das, denn funktionieren tut er von selbst, sonst wäre er nicht Markt. Völlig unbürokratisch fördert er die Guten und bremst er die Schlechten. Wie von selbst reüssieren jene Institute, die sich besser als ihre Konkurrenten verhalten, die anständiger mit ihren Kunden umgehen, eine vernünftigere Lohnpolitik pflegen, eine passendere Fremdkapitalquote beachten. Jene, die das alles nicht tun, geraten wie von selbst in Schieflage, notfalls gar in Konkurs. Und unbestechlich, wie der Markt ist, verfolgt er nicht nur die Kleinen, auch Grosse liefert er ans Messer. Mein Antrag an den VR: Ersatzloses Streichen der Too Big to Fail-Regulierung. Das fördert übrigens gleichzeitig die anderen strategischen Zielsetzungen, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit und die Reputation des Finanzmarktes.

Den hochdefizitären, jährlich über 100 Millionen Franken teuren Aufsichtsapparat der FINMA wird man ebenfalls sukzessive hinunterfahren. Sofern er noch eine Verwendung findet, zum Beispiel als Revisions- oder Prüfgesellschaft in der Privatwirtschaft, wird man ihn verkaufen. Ansonsten wird er liquidiert. – Und ich pensioniert, ich freue mich schon darauf.

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