«Cum-Ex» und der grösste Steuerraub und wie man sie vermeiden könnte



David Dürr – eigentümlich frei / Juni 2025



Haben Sie diese 8-teilige ZDF-Serie „Die Affäre Cum-Ex“ kürzlich ebenfalls gesehen? Da ging es doch um dieses ominöse Betrugssystem, bei dem raffinierte Anwälte, Banker und Investoren nicht einfach ihre Steuern hinterzogen, also dem Staat zu wenig Steuern bezahlten, sondern sich vom Staat gar Steuern auszahlen liessen. Europaweit sollen Staaten innert weniger Jahre um insgesamt 150 Milliarden Euro erleichtert worden sein. Und erstaunlich an diesem Thriller: Dieser „grösste Steuerraub der europäischen Geschichte“ – wie es auf ZDF hiess – ist wahr; einige wahre Akteure dieses Systems sitzen heute in wahren Gefängnissen.

Aber wie kam es überhaupt dazu, dass Steuern nicht vom Bürger an den Staat, sondern vom Staat an den Bürger bezahlt wurden? Steuern werden doch vom Staat beim Bürger, nicht vom Bürger beim Staat erhoben. Das war grundsätzlich auch hier der Fall, indem der Staat zunächst Steuern erhoben hatte, doch wurden diese in der Folge von den Cum-Ex-Akteuren zurückgeholt. Nun fragt sich natürlich, wie der Staat denn überhaupt dazukommt, erhobene Steuern zurückzuzahlen. – Genau hier beginnt die Sache interessant zu werden, denn da gibt es unterschiedliche Sichtweisen:

Die Sichtweise des Staats geht dahin, man habe ihn betrogen mit der wahrheitswidrigen Behauptung, er habe auf gewissen Dividenden Kapitalertragssteuern eingenommen, die er nun zurückzuzahlen habe (beispielsweise, weil der betreffende Dividendenempfänger in einem anderen Staat steuerpflichtig sei); das Problem sei nur, dass solche Rückerstattungsgesuche für die selbe Dividende gleich mehrfach gestellt wurden. Also zahlte der Staat auch solche Steuern „zurück“, die er gar nie eingenommen hatte. 

Nun könnte man einwenden, wenn der Staat offenbar eine Steuerbürokratie wuchern lässt, bei der er selbst den Überblick verliert, ist er selbst schuld. Er soll doch einfach Ordnung in seine Buchhaltung bringen und kontrollierbar nur noch das zurückerstatten, wovon er genau weiss, von wem er es bekommen hat. Wer derart unkontrolliert absahnt wie der Staat, soll sich nicht wundern, wenn ebenso unkontrolliert zurückgesahnt wird.

Und apropos Absahnen: Weshalb überhaupt vereinnahmt der Staat in derart grossem Stil Kapitalertragssteuern, von denen noch gar nicht feststeht, ob sie überhaupt geschuldet sind und je nach dem wieder zurückzuerstatten sind? Weshalb hält er sich nicht an zivilisierte Gepflogenheiten, wonach man dem, der einem etwas schuldet, eine Rechnung stellt und ihn auffordert, diese zu bezahlen? Stattdessen den Leuten einfach mal auf Vorrat Geld wegzunehmen und darauf zu warten, ob sie untertänigst ein Gesuch um Rückerstattung stellen, ist wahrlich nicht die Art des feinen Mannes.

Und abgesehen davon: Kann Geld, das jemand einzig deshalb wegnimmt, weil es da ist, überhaupt geschuldet sein? Wie gerade diese Kapitalertragssteuer auf Dividenden, die sich der Staat einzig deshalb nimmt, weil da Dividenden fliessen? Oder wie Steuern ganz generell, die „voraussetzungslos geschuldet“ sind, will sagen unabhängig davon, ob man sich dazu verpflichtet, ob man eine bestimmte Dienstleistung bezogen oder einen Schaden angerichtet hat? Wirklich geschuldet ist da gar nichts, es wird einfach genommen, weil es nun mal da ist. Allein in Deutschland bringt dies in einem einzigen Jahr rund 950 Milliarden Euro ein – von wegen „grösster Steuerraub der europäischen Geschichte“.

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